Wahlleistungsvereinbarungen nun in Textform?

Zum 19.12.2019 hat der Gesetzgeber mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) in § 17 Abs. 2 KHEntgG einen neuen Satz 2 eingefügt:

(2) Wahlleistungen sind vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluss der Vereinbarung schriftlich über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten. Abweichend von Satz 1 können Wahlleistungen vor der Erbringung auch in Textform vereinbart werden, wenn der Patient zuvor in geeigneter Weise in Textform über die Entgelte der Wahlleistung und deren Inhalt im Einzelnen informiert wird. Die Art der Wahlleistungen ist der zuständigen Landesbehörde zusammen mit dem Genehmigungsantrag nach § 14 mitzuteilen.

Melanie Tewes

Melanie Tewes

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Rechtsanwältin Tewes berät und vertritt Vertragsärzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer in medizinrechtlichen, vorwiegend vertragsärztlichen Angelegenheiten (Ambulanzen, Ermächtigungen).

Bisher galt für Wahlleistungsvereinbarungen das Schriftformerfordernis. Nun können Wahlleistungen also auch in Textform vereinbart werden.

Wo liegt also der Unterschied zwischen der Schriftform und der Textform?

Die Schriftform wird in § 126 BGB wie folgt definiert:

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Die Schriftform erfordert also grundsätzlich eine eigenhändige Namensunterschrift beider Vertragsparteien.

Die elektronische Form wird in § 126a BGB wie folgt definiert:

(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.

(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.

Hier ist eine qualifizierte elektronische Signatur notwendig. Eine digitale Unterschrift beispielsweise reicht nicht aus. Da die wenigsten Patienten die Möglichkeit haben dürften, qualifiziert elektronisch zu signieren, hat diese Variante wenig Praxisrelevanz.

Die Textform wird in § 126b BGB wie folgt definiert:

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

  1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
  2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

Das bedeutet:

  • Die Erklärung muss lesbar sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Empfänger sie wie auf Papier unmittelbar lesen kann oder sie über ein Anzeigeprogramm lesbar ist. Für elektronische Daten, die als solche nicht lesbar sind, jedoch in Standardformaten (etwa pdf, doc, tiff, html, rtf oder txt) verwendet werden, darf vom Empfänger erwartet werden, dass er sie lesen kann. Auch die verschlüsselte Übersendung einer Erklärung ändert nichts an deren grundsätzlicher Lesbarkeit. Soweit der Empfänger eine solche verschlüsselte Nachricht nicht entschlüsseln kann, fehlt es aber am Zugang der Erklärung. Eine mündliche Erklärung, die auf einem Anrufbeantworter festgehalten oder als Sprachnachricht übermittelt wird, genügt mangels Lesbarkeit nicht.
  • Die Erklärung muss auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden, auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden können und zur dauerhaften Wiedergabe geeignet sein. Damit sind elektronischen Speichermedien, wie z. B. Computerfax, E-Mail, SMS, geeignete Schriftträger, solange die gespeicherten Daten in Schriftzeichen lesbar gemacht werden können und der Datenträger eine dauerhafte Speicherung und Abrufbarkeit gewährleistet.
  • Die Person des Erklärenden ist zu nennen. Wo die Person des Erklärenden bei der Abgabe der Erklärung genannt wird, ist unerheblich, sodass nicht nur eine mechanisch hergestellte Unterschrift, sondern auch eine Angabe im Kopf oder Inhalt des Textes ausreichend ist.

Beachte: Bei der Wahlleistungsvereinbarung handelt es sich natürlich weiterhin um einen Vertrag, der zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien voraussetzt. Der Patient muss natürlich auch weiterhin das Vertragsangebot annehmen. Dies kann er nun aber auch in Textform tun. Ebenfalls unverändert geblieben ist die Beweislastverteilung im Zivilprozessrecht. Daher sollten sich Krankenhäuser unbedingt anwaltlich beraten lassen, bevor sie bei den Wahlleistungsvereinbarungen nun auf die Textform zurückgreifen.