Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen bei anschließender stationärer Aufnahme in einem anderen Krankenhaus

Das LSG Berlin-Brandenburg befasste sich mit Urteil vom 23.03.2018, L 24 KA 25/17 mit der Frage, ob eine ambulante Notfallbehandlung zu vergüten ist, wenn der Patient anschließend stationär in einem anderen Krankenhaus aufgenommen wird. Die Revision der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin-Brandenburg ist unter dem Aktenzeichen B 6 KA 6/18 R beim BSG anhängig.

Der Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhauses sei nach Auffassung des LSG nicht ausgeschlossen, weil sich an die Notfallbehandlung im nahen zeitlichen Zusammenhang jeweils eine stationäre Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus eines anderen Trägers anschloss. Es handele sich bei den Notfallbehandlungen nicht per se um einen Teil der stationären Krankenhausbehandlung. Eine solche Auffassung lasse sich aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht ableiten.

Melanie Tewes

Melanie Tewes

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Rechtsanwältin Tewes berät und vertritt Vertragsärzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer in medizinrechtlichen, vorwiegend vertragsärztlichen Angelegenheiten (Ambulanzen, Ermächtigungen).

Nach BSG, Urteil vom 19.09.2013, B 3 KR 34/12 liege Krankenhausbehandlung vor, wenn das „spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses“ in Anspruch genommen wird beziehungsweise nach der Entscheidung des Krankenhausarztes genommen werden soll, was regelmäßig vorliege wenn der Patient mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll. Der Aufnahmeakt selbst, das heißt, die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das Versorgungssystem setze lediglich die Entscheidung des Krankenhausarztes voraus, dass eine Behandlung für mindestens einen Tag und eine Nacht erfolgen solle. Diese  Aufnahmeentscheidung auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplanes werde nach außen regelmäßig zum Beispiel durch Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes, das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen und Ähnliches dokumentiert. Abzugrenzen seien solche Fälle von denen, bei denen noch keine Entscheidung zur Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus getroffen werde, weil sich aufgrund der Aufnahmeuntersuchung eine Verlegung oder die ambulante Weiterbehandlung als medizinisch sinnvoll, erforderlich und ausreichend erweise. Eine stationäre Behandlung finde mit der ersten Untersuchung im Krankenhaus noch nicht statt, wenn anschließend ohne Aufnahme in das eine Krankenhaus eine „Verlegung“ in ein anderes Krankenhaus erfolgt oder ambulant weiter behandelt wird.

Mit Urteil vom 27.11.2014, B 3 KR 12/13 R habe sich das BSG mit einem Sachverhalt auseinandergesetzt, bei dem anlässlich einer ambulanten Chemotherapie, die durch einen ermächtigten Krankenhausarzt im Krankenhaus durchgeführt wurde, aufgrund von Komplikationen das Notfallteam des Krankenhauses gerufen werden musste und die Patientin stationär bis zum nächsten Tag aufgenommen wurde. In einem solchen Fall der eindeutigen Zuordnung der ambulanten Behandlung zur vertragsärztlichen Versorgung gehe der Vergütungsanspruch gegen die Kassenärztliche Vereinigung nicht unter, wenn aufgrund der eintretenden Komplikation stationäre Behandlung erforderlich werde. Dies könne anders zu beurteilen sein, wenn sich an eine zunächst ambulant begonnene Therapie in den Räumen des Krankenhauses in typischer und vorhersehbarer Weise eine stationäre Aufnahme anschließe, die Behandlung also von vornherein stationär hätte durchgeführt werden müssen. Von einer solchen Konstellation könne in den vorliegenden Fällen jeweils nicht ausgegangen werden. Die Notfallambulanz habe keinen Einfluss darauf, dass die Patienten bei ihr vorstellig wurden und nicht gleich das „richtige“ Krankenhaus aufsuchten. Die danach entscheidende Frage, ob die Notfallambulanz die Patienten bereits in den stationären Krankenhausbetrieb des eigenen oder eines anderen Krankenhauses aufgenommen habe, sei zu verneinen. Eine stationäre Aufnahme als rein tatsächlicher Vorgang sei unstreitig weder in das Krankenhaus der Klägerin erfolgt, noch habe die Rettungsstelle das Aufnahmeprozedere für ein anderes Krankenhaus übernommen.

Es habe sich auch nicht um Aufnahmen zur stationären Krankenhausbehandlung im rechtlichen Sinne mit der Folge gehandelt, dass die Behandlung nur als Teil der stationären  Krankenhausbehandlung abrechenbar ist. „Aufnahme“ sei kein rechtlich geprägter Begriff, sondern umschreibe einen faktischen Vorgang. Im Normalfall der stationären Krankenhausbehandlung stelle die Aufnahme nur die Untersuchung durch einen Arzt lediglich auf Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit hin und die Eingliederung in den Krankenhausapparat dar. Die Aufnahme beschränke sich als ärztliche Behandlungsmaßnahme auf eine Untersuchung (BSG, Urteil vom 11.03.1987, 8 RK 19/85). Behandlungen, wie hier die Erstversorgung beispielsweise eines Kleinkindes mit Verbrühungen, gehen hierüber bereits hinaus. Ohne Eingliederung in den Krankenhausbetrieb habe aber unabhängig hiervon keine Aufnahme stattgefunden.