Erleichterung für Krankenhäuser: Der 1. Senat des BSG ändert die Rechtsprechung zum Zinsanspruch auf die Aufwandspauschale
Und wieder einmal ging es vor dem Bundessozialgericht um den „Dauerbrenner“. Seit Jahren stellt die Aufwandspauschale nach § 275c Abs. 1 SGB V einen zentralen Streitpunkt zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen dar. Insbesondere die Frage, ob und ab wann Krankenhäuser Anspruch auf Verzugszinsen für die Aufwandspauschale haben, war lange umstritten. Die frühere Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2013 (B 3 KR 4/13 R) hatte hierzu eine restriktive Haltung eingenommen. Mit der aktuellen Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 20. Februar 2025 (B 1 KR 15/24 R) wurde diese Rechtsauffassung nunmehr grundlegend revidiert – eine erfreuliche Entwicklung für Krankenhäuser.

Kristof Kuprian
Rechtsanwalt Kuprian berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.
Die bisherige Rechtslage
Der 3. Senat des BSG entschied im Jahr 2013 (B 3 KR 4/13 R), dass Krankenhäuser zwar grundsätzlich Anspruch auf Verzugszinsen für die Aufwandspauschale haben können, dieser jedoch erst ab Rechtshängigkeit der Streitigkeit entsteht. In seinen damaligen Entscheidungsgründen führte dieser aus, dass sich der Zinsanspruch nur aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 288, 291 BGB ableite, da keine anderweitigen Rechtsgrundlagen bestünden. Dies bedeutete, dass Krankenhäuser erst dann Verzugszinsen verlangen konnten, wenn sie die Zahlung der Aufwandspauschale gerichtlich geltend gemacht hatten. Hierdurch mussten Krankenhäuser oftmals lange Zeiträume ohne Zinsanspruch hinnehmen, selbst wenn die Krankenkasse die Zahlung der Aufwandspauschale unberechtigt verweigerte.
Die aktuelle Entscheidung des 1. Senats
Mit seiner Entscheidung vom 20. Februar 2025 (B 1 KR 15/24 R) hat der mittlerweile alleine zuständige 1. Senat des BSG eine grundlegende Korrektur hinsichtlich des Zinsanspruchs vorgenommen. Maßgeblich für das Entstehen des Anspruchs auf die Aufwandspauschale selbst sei weiterhin der Zeitpunkt, in dem erstmals faktisch feststehe, dass es zu keiner Abrechnungsminderung komme – regelmäßig also die Leistungsentscheidung der Krankenkasse. Der Senat stellte sodann jedoch klar, dass der Anspruch auf (Verzugs-)Zinsen bereits mit der endgültigen Ablehnung der Zahlung der Aufwandspauschale durch die Krankenkasse entsteht. Bestätigt hat das Bundessozialgericht daher einen Anspruch auf Verzugszinsen wegen endgültiger Zahlungsverweigerung der Krankenkassen hinsichtlich der Ansprüche auf Aufwandspauschalen über § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, der über die Verweisungsnorm des § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V zur Anwendung gelangt.
Besonders bedeutsam ist die Feststellung, dass nicht erst eine gerichtliche Geltendmachung erforderlich ist, um einen Zinsanspruch geltend zu machen. Dies sorgt für eine klare Abgrenzung und verhindert eine verzögerte Zahlung der Aufwandspauschale ohne finanzielle Konsequenzen für die Krankenkassen.
Geblieben ist das BSG jedoch bei seiner Auffassung, dass es sich beim Anspruch auf die Aufwandspauschale nicht um eine Entgeltforderung handelt, sodass der Verzugstatbestand des § 286 Abs. 3 BGB nicht zur Anwendung gelangt. Dies hätte den Eintritt des Verzuges binnen 30 Tagen nach Zugang einer Rechnung und einen erhöhten Verzugszinssatz zur Folge gehabt.
Bewertung und Bedeutung für Krankenhäuser
Die neue Entscheidung des 1. Senats ist aus Sicht der Krankenhäuser ausdrücklich zu begrüßen. Sie schafft mehr Rechtsklarheit und verbessert die (finanzielle) Situation der Krankenhäuser, da sie nicht mehr gezwungen sind, lange auf die Geltendmachung eines Zinsanspruchs zu verzichten. Die frühere Rechtsauffassung hatte in der Praxis dazu geführt, dass Krankenkassen strategisch Zahlungen hinauszögerten, da sie keine finanziellen Nachteile durch Verzugszinsen befürchten mussten. Die Entscheidung macht daher deutlich, dass Verzugszinsen für die Aufwandspauschale bereits mit der endgültigen Weigerung der Zahlung der Aufwandspauschale entstehen. Krankenhäuser dürfen somit künftig in einer Vielzahl von Fällen mit einer verbesserten (finanziellen) Position rechnen – ein erfreuliches Signal für eine fairere Abwicklung der Krankenhausabrechnungen.