Dokumentationsanforderungen bei geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlungen

In der medizinischen Versorgung und insbesondere in der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung spielt die korrekte Dokumentation bekanntlich eine entscheidende Rolle. Sie dient nicht nur der Qualitätssicherung und der Transparenz gegenüber den Versicherten, sondern ist auch für die Abrechnung der erbrachten Leistungen gegenüber den Kostenträgern von zentraler Bedeutung. Ein besonders sensibler Aspekt der Dokumentation ist die Erfassung von Teambesprechungen, die im Rahmen von Komplexbehandlungen stattfinden.

Der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-550.1 setzt explizit interdisziplinäre Teambesprechungen als eines der Kriterien für die Abrechnung einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung voraus. Die Herausforderung besteht darin, dass die Dokumentation dieser Besprechungen detailliert und nachvollziehbar erfolgen muss, um den Anforderungen der Krankenkassen, der Medizinischen Dienste und nicht zuletzt der Sozialgerichtsbarkeit gerecht zu werden. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie die Teilnahme an einer solchen Besprechung dokumentiert werden soll.

Der jüngste Rechtsstreit, der bis zum Bundessozialgericht geführt wurde, beleuchtet diese Problematik. Im Kern stand die Frage, ob die Verwendung von Namenskürzeln zur Identifikation der an den Teambesprechungen beteiligten Personen den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Eric Gröger

Eric Gröger

Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Gröger berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.

1. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2023 (L 10 KR 98/22 KH)

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 13.09.2023
(L 10 KR 98/22 KH) die Berufung einer Krankenkasse gegen das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.01.2022 (S 11 KR 1543/18) zurückgewiesen. Im Verfahren argumentierte die Krankenkasse insbesondere, dass das Krankenhaus die strukturellen und dokumentarischen Voraussetzungen des OPS Codes 8-550.1 nicht erfüllt habe.

Die Krankenkasse hatte hierzu behauptet, die wöchentlichen Teambesprechungen seien nicht angemessen dokumentiert worden, insbesondere sei die Teilnahme der fachärztlichen Behandlungsleitung durch die alleinige Verwendung von Namenskürzeln nicht korrekt erfasst. Das Gericht befand jedoch richtigerweise, dass Namenskürzel zur Identifikation der Teilnehmenden ausreichend seien und die dokumentierten Behandlungen den Anforderungen des OPS-Codes entsprachen.

Da die Berufung nicht zugelassen wurde, erhob die Krankenkasse Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht.

2. Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.01.2025 (B 1 KR 73/23 B)

Das Bundessozialgericht wies die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen als unzulässig ab.

Überdies habe sich das Landessozialgericht in seiner Entscheidung auch nicht gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 19.12.2017 (B 1 KR 19/17 R) gestellt. Maßgeblich sei danach die Identifizierbarkeit der Teilnehmenden. Die Krankenkasse habe nicht schlüssig dargelegt, warum die Verwendung von Namenskürzeln grundsätzlich nicht geeignet sein soll, die Teilnehmenden zu identifizieren. Ob die Namenskürzel in eindeutig unterscheidbarer Weise gewählt sind und ob die jeweiligen Angaben auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, seien Fragen des Einzelfalls und der von Amts wegen gebotenen Sachverhaltsermittlung. Im zu entscheidenden Fall bestünden jedenfalls keine Zweifel an der Identifizierbarkeit. Das Bundessozialgericht bestätigte folgerichtig, dass die Namenskürzel zur Identifikation der Teilnehmer bei den Teambesprechungen in diesem Fall ausreichend waren.

3. Fazit

Auch wenn die Teambesprechungen, an denen verschiedene Berufsgruppen teilnehmen, unbestritten essenziell sind, um eine koordinierte und patientenzentrierte Behandlung sicherzustellen und die Dokumentation auch aus Transparenzgründen exakt sein muss, dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.

Für die Leistungserbringer ist die Entscheidung begrüßenswert, da sie die Anforderungen an die Dokumentation von geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlungen präzisiert – ohne, anders als gewohnt realitätsferne Maßstäbe anzusetzen – und die Zulässigkeit von Namenskürzeln zur Teilnehmeridentifikation bei Teambesprechungen bestätigt.

Abschließend gilt es zu beachten, dass eine Zuordnung bereits im Rahmen des Prüfverfahrens, spätestens im Erörterungsverfahren, möglich sein muss (Präklusion!).