Anspruch eines Akut-Krankenhauses auf Vergütung von Reha-Leistungen, wenn es einen Patienten weiterbehandelt, bis dieser einen Reha-Platz erhält

Aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. November 2019 (Az. B 1 KR 13/19 R)

Wer die Kosten zu tragen hat, wenn ein Krankenhaus einen Versicherten weiterbehandelt, der aus medizinischen Gründen nicht mehr stationärer Krankenhausbehandlung bedarf, sondern nur noch stationärer medizinischer Reha, aber jedenfalls stationärer medizinischer Versorgung, war lange umstritten. Hierzu hat das Bundessozialgericht jetzt ein Urteil gefällt.

Im zugrundeliegenden Fall hatte das für die Behandlung Versicherter zugelassene klagende Krankenhaus den bei der beklagten Krankenkasse Versicherten zunächst stationär wegen einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation behandelt. Auf den durch die Klägerin veranlassten Antrag bewilligte die Beklagte eine stationäre Anschlussheilbehandlung zur medizinischen Rehabilitation in einer Lungenfachklinik Die Klägerin entließ den Versicherten nach insgesamt 52 Tagen zur nahtlosen Aufnahme in der Reha-Einrichtung. Wegen Überschreitung der oberen Grenzverweildauer forderte die Beklagte später ein tagesbezogenes Entgelt für die letzten zehn Tage (insgesamt 10.483,32 Euro) zurück. Eine Krankenhausbehandlung sei jedenfalls für diesen Zeitraum nicht mehr erforderlich gewesen.

Sandra Timmann

Sandra Timmann

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Rechtsanwältin Timmann berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.

Das Bundessozialgericht hat nun entschieden, dass dem klagenden Krankenhaus auch die Vergütung in Höhe von 10.483,32 Euro für die letzten zehn Behandlungstage als Notfall-Rehabilitationsbehandlung zugestanden hat.

Wird ein in der Gesetzlichen Krankenversicherung versicherter Patient als Notfall in ein nicht zugelassenes Krankenhaus aufgenommen, so werde dieses für die Dauer der Notfallbehandlung in das öffentlich-rechtliche Naturalleistungssystem der Gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und erbringe seine Leistungen nach denselben Grundsätzen, die für zugelassene Krankenhäuser gelten. Diese Rechtsgrundsätze gelten nach dem Bundessozialgericht entsprechend auch in Notfällen, in denen Versicherte Anspruch auf stationäre medizinische Reha haben, aber nicht zeitgerecht erhalten. Dies schließe die unbewusste Regelungslücke in SGB V und SGB IX hinsichtlich stationärer medizinischer Reha im Notfall. Das klagende Krankenhaus habe als nicht zugelassener Reha-Leistungserbringer im Notfall gehandelt, da kein zugelassener Leistungserbringer für die unmittelbar im Anschluss an die Krankenhausbehandlung erforderliche Leistung verfügbar war. Der Vergütungsanspruch richte sich in einem solchen Fall nach den Sätzen für Krankenhausvergütung gegen die Beklagte als Reha-Trägerin. Es könne dem Krankenhaus nicht zugemutet werden, anstelle seiner durch den Versorgungsauftrag bestimmten Leistungsstruktur im Notfall hiervon abweichende spezifische stationäre medizinische Reha-Leistungen anzubieten.

Fazit

Auf Grundlage dieses Urteils des Bundessozialgerichts wird es für Akut-Krankenhäuser zukünftig bei fehlender Anschlussrehaversorgung möglich sein, in ähnlich gelagerten Fällen für eine anschließende Reha-Behandlung eine Vergütung vom zuständigen Kostenträger zu erhalten.

Für die Bemessung und Geltendmachung der Vergütung wird es dabei maßgeblich darauf ankommen, bis wann eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich war. Für diese Zeit bestünde in entsprechender Höhe ein Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenversicherung. Für die Zeit des anschließenden Rehabilitations-Notfalles würde sich der weitere Vergütungsanspruch nicht gegen die Krankenversicherung, sondern gegen den zuständigen Rehabilitationsträger richten. Es wird insoweit im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen sein, wer dies ist.

Zusätzlich muss bedacht werden, dass das Krankenhaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts alles ihm Zumutbare getan haben muss, um den beschriebenen Rehabilitations-Notstand zu unterbinden. Hier dürften sich in der Praxis die größeren Probleme stellen, da das Bundessozialgericht in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit entschieden hat, dass die Suche nach geeigneten Reha-Einrichtungen auch das nahegelegene Ausland mitumfasse und sich das Krankenhaus entsprechend bei der Suche nach solchen Einrichtungen zu beteiligen habe.

In der Praxis empfiehlt es sich für Krankenhäuser in vergleichbaren Situationen daher, die jeweiligen Bemühungen zur Suche geeigneter Einrichtungen sorgfältig durchzuführen, detailliert zu dokumentieren und in das Entlassmanagement frühzeitig den oder die Kostenträger einzubeziehen. Selbiges gilt für den Ausschluss milderer Mittel, etwa in Form häuslicher Krankenpflege.