Setzt der Anspruch auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung eine vorherige vertragsärztliche Verordnung voraus?

Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21.03.2019, L 6 KR 88/17

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hatte sich am 21.03.2019 (Az. L 6 KR 88/17) mit der Rechtsfrage zu befassen, ob der Anspruch auf die Vergütung einer Krankenhausbehandlung eine vorherige vertragsärztliche Verordnung voraussetzt.

Die beklagte Krankenhausträgerin (KH) behandelte den bei der klagenden Krankenkasse (KK) Versicherten vollstationär vom 14.06.2010 bis 18.06.2010. Über den als Normalfall eingestuften Aufnahmeanlass lag der ohne Datum ausgefüllte Vordruck einer Verordnung von Krankenhausbehandlung vor. Dieser trug die mit dem persönlichen Stempel versehene Unterschrift des Oberarztes sowie den Stempel der Abteilung. Der unterzeichnende Arzt war zum Behandlungszeitpunkt nicht als Vertragsarzt zugelassen oder zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt.

Charlien Lorenz

Charlien Lorenz

Rechtsanwältin

Rechtsanwältin Lorenz berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.

Die KK beglich die Rechnung, forderte das KH jedoch sodann vergeblich zur Erstattung des Vergütungsbetrages auf. Im Dezember 2011 hat die KK Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 SGB V werde außerhalb von Notfällen durch eine vertragsärztliche Verordnung nach § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V und § 4 der Krankenhausbehandlungsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen begründet. Dabei treffe der Vertragsarzt eine Entscheidung über die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung. Da in diesem Fall keine vertragsärztliche Verordnung mit persönlicher Unterzeichnung durch den ermächtigten Arzt vorgelegen habe, bestünde seitens der Beklagten kein Anspruch auf Vergütung der Krankenhausbehandlung.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Vergütungsanspruch einer vollstationären Krankenhausbehandlung keine vertragsärztliche Verordnung voraussetze. Die KK trenne nicht zwischen dem Versicherten- und Abrechnungsverhältnis. Zwar setze der Anspruch auf eine vollstationäre Krankenhausbehandlung grundsätzlich eine vertragsärztliche Verordnung gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V i.V.m. § 7 der Krankenhausbehandlungsrichtlinie des GBA voraus. Dass darin auch eine Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V liege, folge daraus nicht.

Gegen das Urteil hat die KK Berufung eingelegt. Die Notwendigkeit der Verordnung sei Ausdruck des Vorrangs der ambulanten Versorgung der Versicherten.

Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Der Vergütungsanspruch des KH entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die stationäre Behandlung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und sie – wie hier zwischen den Beteiligten unstrittig – im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich sei. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses wegen Krankenhausbehandlung hänge nicht von einer vorherigen vertragsärztlichen Verordnung ab, sondern von der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit. Fordere das SGB V ausnahmsweise eine vertragsärztliche Verordnung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung, würde es dies ausdrücklich regeln (wie z.B. in §115a SGB V).

Zudem lasse sich entgegen der Auffassung der KK aus den Krankenhausbehandlungsrichtlinien keine andere Rechtslage ableiten. Dem Werk sei an keiner Stelle zu entnehmen, dass Krankenhausbehandlung von einer vertragsärztlichen Verordnung abhängig sei. Da die Krankenhausbehandlung (auch) dem Grunde nach nicht strittig sei, könne die fehlerhafte Verordnung als rechtlich nicht erforderlich, keinen Einfluss auf den Vergütungsanspruch der KH haben.

Fazit

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat mit diesem Urteil eindeutig festgestellt, dass der Vergütungsanspruch eines Krankenhauses wegen Krankenhausbehandlung nicht von einer vorherigen vertragsärztlichen Verordnung, sondern von der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abhängt und dieser Vergütungsanspruch unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht, wenn die stationäre Behandlung im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist.

Dieses Urteil steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Mit Urteil vom 19.06.2018 – B 1 KR 26/17 R – hat das BSG klargestellt, dass sowohl bei teilstationärer als auch bei stationärer Krankenhausbehandlung die vertragsärztliche Verordnung des niedergelassenen Arztes nicht zwingende Voraussetzung für die Abrechnung ist.