OLG Dresden: Kein Anspruch auf Rückzahlung des Honorars bei fehlerhafter tierärztlicher Behandlung ohne völlige Unbrauchbarkeit der Leistung

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat mit Beschluss vom 09.04.2025 (Az. 4 U 1539/24) klargestellt, dass ein Anspruch auf Rückforderung eines (tier-)ärztlichen Honorars nicht bereits dann besteht, wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt. Vielmehr ist Voraussetzung, dass die Behandlung für den Tierhalter vollständig unbrauchbar und damit wertlos war.

Melanie Tewes

Melanie Tewes

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Rechtsanwältin Kliem berät und vertritt Vertragsärzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer in medizinrechtlichen, vorwiegend vertragsärztlichen Angelegenheiten (Ambulanzen, Ermächtigungen).

Sachverhalt

Gegenstand des Rechtsstreits war die Vergütung einer tierärztlichen Behandlung einer Stute mit einer Gebärmutterentzündung (Pyometra). Das Tier verendete im Verlauf der Behandlung. Der Tierhalter verweigerte daraufhin die Zahlung des Honorars mit der Begründung, der Tierarzt habe grob fehlerhaft behandelt. Der Tierhalter machte Rückforderungsansprüche geltend.

Entscheidung des OLG

Das OLG wies die Berufung des Tierhalters gegen das klagestattgebende Urteil des Landgerichts Chemnitz zurück. Maßgeblich war nach Auffassung des Senats der dienstvertragliche Charakter des Behandlungsvertrages gemäß § 611 ff. BGB bzw. §§ 630a ff. BGB. Danach wird die Vergütung grundsätzlich unabhängig davon geschuldet, ob die Behandlung erfolgreich war oder nicht.

Selbst ein grober Behandlungsfehler führt nicht automatisch zur Rückforderung des Honorars oder zur Befreiung von der Zahlungspflicht. Voraussetzung für eine Rückforderung ist vielmehr, dass die Behandlung objektiv völlig unbrauchbar war, also jegliches Interesse des Auftraggebers an der Leistung entfallen ist. Dies sei etwa dann der Fall, wenn eine Behandlung vollständig sinnlos oder medizinisch von vornherein nicht indiziert gewesen wäre.

Keine Unbrauchbarkeit der Leistung

Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass der Tod der Stute nicht auf den Behandlungsfehler des Tierarztes zurückzuführen sei, sondern auf eine bereits vor Beginn der Behandlung irreversibel eingetretene Krankheitsentwicklung. Auch wenn der Tierarzt bei der Behandlung einen Standardfehler begangen habe, wäre der Tod des Tieres nach den Ausführungen des Sachverständigen auch bei fehlerfreier Behandlung nicht zu verhindern gewesen. Ein wirtschaftlicher Schaden sei dem Tierhalter daher nicht entstanden.

Im Gegenteil wäre die Vergütung des Tierarztes ohne den Fehler sogar höher ausgefallen, weil dieser dann weitere notwendige Maßnahmen (wie Katheterisierung, tägliche Spülungen und resistenzgerechte Antibiotikatherapie) hätte abrechnen können.

Rechtliche Einordnung

Das OLG betont, dass die Grundsätze der Arzthaftung auf Dienstverträgen basieren. Anders als beim Werkvertrag schuldet der Arzt keinen Erfolg, sondern lediglich eine Behandlung lege artis. Ein Behandlungsfehler kann zwar Schadensersatzansprüche auslösen, berührt aber nicht automatisch den Vergütungsanspruch, solange die Leistung nicht wertlos ist.

Dieses Urteil entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach eine vollständige Unbrauchbarkeit der Dienstleistung Voraussetzung für Rückforderungsansprüche ist.

Praxishinweis

Das Urteil des OLG Dresden verdeutlicht, dass die Schwelle für die Rückforderung ärztlicher oder tierärztlicher Honorare hoch ist. Selbst grobe Behandlungsfehler rechtfertigen eine Rückforderung nur dann, wenn die Leistung objektiv wertlos war. Für Leistungserbringer im Gesundheitswesen ist dieses Urteil von hoher Relevanz, da es die Vergütungsansprüche trotz haftungsrechtlicher Vorwürfe in vielen Konstellationen schützt.