Dritte Verfassungsbeschwerde zur AWP-Rechtsprechung des BSG

Am 13.09.2017 hat unsere Sozietät die dritte Verfassungsbeschwerde für Krankenhäuser gegen die Entscheidungen des Bundessozialgerichts zum Anspruch auf Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1 c S. 3 SGB V eingelegt. Diese dritte Beschwerde richtet sich gegen das Urteil BSG vom 23.05.2017, B 1 KR 24/16 R. Sie ist anhängig unter dem Aktenzeichen 1 BvR 2207/17. Bereits gegen das Urteil vom 28.03.2017, B 1 KR 23/16 R, war Verfassungsbeschwerde erhoben worden. Diese weitere, zweite Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 28.03.2017 ist anhängig unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1477/17. Zuvor waren gegen die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 25.10.2016, B 1 KR 22/16, B 1 KR 16/16 R, B 1 KR 18/16 R, B 1 KR 19/16 R, die erste Beschwerde erhoben worden. Sie ist anhängig unter dem Aktenzeichen 1 BvR 318/17.

Die ersten beiden Verfassungsbeschwerden zu den Entscheidungen vom 25.10.2016 und 28.03.2017 richten sich gegen die Rechtsprechung, in welcher das BSG entgegen der Bestimmung des § 275 SGB V in der Fassung bis zum 31.12.2015 eine sogenannte „sachlich rechnerische Richtigkeitsprüfung“ kreiert hat. Diese Rechtsprechung überschreitet nach verbreiteter Auffassung, nicht zuletzt vieler Sozialgerichte, die durch die Gesetzesbindung den Gerichten auferlegten Auslegungsgrenzen. Die nunmehr erhobene dritte Verfassungsbeschwerde richtet sich darüber hinaus gegen die Einschränkung des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 275 SGB V in der Fassung ab 01.01.2016. In dieser Fassung ist § 275 1 c Satz 4 SGB V ergänzt worden, aus dem klarstellend folgt, was die Instanzgerichte bereits bisher der Regelung entnommen hatten: dass jedenfalls bei Prüfungen stationärer Krankenhausrechnungen, welche der Einschaltung des MDK bedürfen, kein Raum für eine sachlich rechnerische Richtigkeitsprüfung verbleibt. Trotz dieser Klarstellung hatte das Bundessozialgericht die Aufwandspauschale versagt für einen Fall, in dem die Behandlung zwar vor dem 1.1.2016 endete, der Aufwandspauschalenanspruch aber erst nach dem 1.1.2016 entstand. Wegen des Entstehens nach dem 1.1.2016 wäre er unter Beachtung der Neufassung zu beurteilen gewesen wäre. Dadurch hat das BSG die Neufassung in verfassungswidriger Auslegung der Regelungen zum Inkrafttreten missachtet, um seine bisherige u. E. ebenfalls die Grenzen zulässiger Auslegung überschreitende Rechtsprechung aufrecht zu erhalten.

Nicht Gegenstand dieser Verfassungsbeschwerde wie auch keiner der vorherigen Beschwerden ist die Frage, ob eine bereits gezahlte Aufwandspauschale zurückgefordert werden darf. Dem steht neben den Auslegungsgrenzen auch der Vertrauensschutzgrundsatz entgegen. Hierüber hat das BSG allerdings noch nicht entschieden, sodass der Vertrauensschutzgrundsatz auch nicht Gegenstand der bereits anhängigen Beschwerden ist.

Über keine der vorgenannten Verfassungsbeschwerden ist bisher entschieden worden, sodass die Bewertung aus der Perspektive des Bundesverfassungsgerichtes noch offen ist. Die Beschwerden finden aber jedenfalls in jüngeren sozialgerichtliche Entscheidungen weitere Unterstützung, die auch nach der Fortsetzung der BSG-Rechtsprechung an ihrer Auffassung unter ausdrücklich Ablehnung des Bundessozialgerichtes festhalten (z. B. SG Osnabrück, Urt. v. 09.08.2017, S 32 KR 839/16; SG Dortmund, Urt. v. 15.05.2017, S 40 KR 299/16, SG Augsburg, Urt. v. 27.03.2017, S 10 KR 12/16). Weitere Entscheidungen von Instanzgerichten, die sich gegen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wenden, nehmen wir deswegen gerne zwecks Weiterleitung an das Bundesverfassungsgericht entgegen, um die Begründetheit des bisherigen Vorbringens zu unterstreichen.